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“Das lineare Fernsehen ist immer noch das Lagerfeuer der Nation”, Dietmar Schickel, CCO Telecolumbus

Interview mit Dietmar Schickel, Chief Commercial Officer, Tele Columbus, promedia 03/2010

Eine unabhängige Holding hat Anfang Januar den drittgrößten deutschen Kabelnetzbetreiber Tele Columbus von der Escaline-Tochtergesellschaft Orion Cable übernommen. Die Holding-Gesellschaft ist von den über 100 internationalen Gläubigerinstituten und den bisherigen Eigentümern unabhängig. Tele Columbus ist aus einer Vielzahl von klassischen Netzebene 4-Betreibern entstanden, die heute in der Tele Columbus Gruppe integriert sind. Dazu gehören die ehemalige ewt multimedia GmbH oder auch die Breitbandnetze von Bosch und Siemens. Die Tele Columbus Gruppe ist als Anbieter national aktiv, mit Netzen in allen 16 Bundesländern vertreten – aber mit einem klaren Schwerpunkt auf Berlin und den ostdeutschen Bundesländern. Hier befinden sich knapp 70 Prozent der Kunden.

Dietmar Schickel, Chief Commercial Officer, Tele Columbus

promedia: Herr Schickel, welche Finanzdienstleister, Fonds oder Banken gehörten jetzt zu den Eigentümern von TeleColumbus?
Dietmar Schickel: An der neuen Eigentümergesellschaft der Tele Columbus Gruppe sind keine Banken oder Fonds beteiligt. Die Kreditgeber sind weiterhin lediglich über Fremdkapital investiert. Die neue Holding ist vollkommen unabhängig von den Kreditgebern und wird von der auf finanzielle Restrukturierungen spezialisierten Finanzagentur Nikolaus&Co geführt.

promedia: Welche Konsequenzen hat das für die operative Tätigkeit?
Dietmar Schickel: Zunächst einmal muss man klarstellen: Auch wenn in den Medien viel spekuliert wurde – die operative Tätigkeit war nie gefährdet. Die Kapitalgeber haben nie einen Zweifel daran gelassen, welch großen Wert sie dem Unternehmen Tele Columbus, der Infrastruktur, die wir über die Jahre aufgebaut haben und unserem Geschäftsmodell beimessen. Es bestand zu jeder Zeit ein klares Interesse seitens unserer Kapitalgeber, dieses hoch profitable Geschäft auch weiterzuführen – und dieses Interesse wurde unserem Unternehmen gegenüber auch klar dokumentiert. Continue reading “Das lineare Fernsehen ist immer noch das Lagerfeuer der Nation”, Dietmar Schickel, CCO Telecolumbus

“Wir wollen Inhalte zeigen, die nicht im TV laufen”, Robert Wagner, Projektleiter 3min

Interview mit Robert Wagner, Vice President Marketing & Content, Bereich Products & Innovations, Projektleiter 3min, Deutsche Telekom AG, Berlin, promedia 03/2010

3min.de ist das erste deutsche Webserien-Portal der Telekom und wird in Berlin produziert. Von Comedy über Sport bis hin zu Musik bietet die Internetplattform Mini-Serien mit einer durchschnittlichen Länge von drei Minuten pro Episode an. Brüno, den Quatsch Comedy Club oder Moabit Vice gibt es Online und für das Handy. 3,2 Minuten durchschnittlich nutzt der User Bewegtbildangebote im Web und deswegen heißt das erste deutsche Webserienportal 3min.de.
Ein Team von rund einem Dutzend Mitarbeitern arbeitet an dem Portal, dass ausschließlich professionell produzierte Inhalte anbietet und bewusst auf User-generated Content, wie z.B. bei Facebook verzichtet.
Im Gegensatz zu anderen Portalen,  erwirbt die Telekom Lizenzen von Sendern oder Produzenten und finanziert gegenwärtig sowohl das Online-Portal als auch das Handy-Angebot ausschließlich über Werbung.
Allerdings erweist sich die werbebasierte Finanzierung schwieriger als gedacht. Deshalb setzt man auch auf Transaktions-Geschäftsmodelle und will in einem Online-Shop auch Musik verkaufen.

Robert Wagner, Projektleiter 3min

promedia: Herr Wagner, welche Idee steht hinter 3min.de?
Robert Wagner: Wir wissen, dass die junge Lifestyle-Zielgruppe ein verändertes Mediennutzungsverhalten hat. Kurze, clipartige Inhalte, die zwischendurch an der Haltstelle, in der U-Bahn, an der Arbeit genutzt werden können, haben in den letzten Jahren zugenommen. Das war der Schlüssel für uns, ein Video-Portal zu entwickeln, das sich ausschließlich mit professionell produzierten Inhalten auseinandersetzt und bewusst auf User-generated Content verzichtet.

promedia: Bietet Sevenload.de nicht etwas Ähnliches?
Robert Wagner: Sevenload ist sehr stark im Umfeld von User-generated Content und versteht sich als Social Community. Die Konsumenten können dort z.B. auch ihre Bilder hochladen. Bei uns sind alle Inhalte auf TV-Niveau produziert und ausgewählt. Der qualitative Aspekt steht sehr stark im Vordergrund. Hiermit differenzieren wir uns auch sehr deutlich von Sevenload.

promedia: Machen Sie dann damit nicht Entertain Konkurrenz?
Robert Wagner: Klares Nein. Es handelt sich bei uns nicht um TV-Inhalte wie sie Entertain anbietet, sondern um kurze Formate, die speziell für das Internet produziert wurden. Entertain sehen wir nicht als Konkurrenz an, sondern es Continue reading “Wir wollen Inhalte zeigen, die nicht im TV laufen”, Robert Wagner, Projektleiter 3min

“3D ist der Beginn einer technischen Revolution”, Martin Moszkowicz, Vorstand Film und Fernsehen Constantin

Interview mit Martin Moszkowicz, Vorstand Film und Fernsehen, Constantin Film AG, promedia 03/2010

Für Martin Moszkowicz, den Vorstand Film und Fernsehen, Constantin Film AG ist die moderne 3D-Technologie „der Beginn einer technischen Revolution, vergleichbar mit dem Umbruch vom Stumm- zum Tonfilm“. Um so wichtiger sei es deshalb, dass möglichst schnell alle Kinosäle mit dieser digitalen Technik ausgerüstet werden. „Wieder einmal haben hier einige den Startschuss verschlafen. Es ist für uns Produzenten ein Problem, dass gerade einmal 400 3D-fähige und nur 500 digitale Kinosäle existieren und wir mit den Millioneninvestitionen in den Produktionen nun vor den wenigen Häusern Schlange stehen“, so Moszkowicz in einem promedia-Gespräch. Bei den alten und kleinen Häusern werde es jedoch schwieriger und hier werde man auf die Unterstützung der Politik angewiesen sein. Aber nicht zuletzt durch ihre Klage gegen das FFG hätten einige Kinoketten hier einen schnellen und sinnvollen Weg vorerst verbaut.

Moszkowicz kündigte an, dass Constantin in diesem Jahr noch drei 3D-Filme in die deutschen Kinos bringen werde. Auch von anderen Produzenten seien 3D-Filme in Arbeit.

Martin Moszkowicz, Vorstand Film und Fernsehen Constantin Film AG

promedia: Herr Moszkowicz, welches waren für Sie die wichtigsten geschäftlichen Ergebnisse der Berlinale?
Martin Moszkowicz: Im wirtschaftlichen Bereich ist bei der Berlinale sicherlich der European Filmmarket besonders wichtig. Der hat sich gegenüber dem letzten Jahr wieder erholt. 2009 war bei den Einkäufern wegen der Finanzkrise sehr wenig Geld in Umlauf, es gab aber auch nur sehr wenige interessante Filme. In diesem Jahr hat sich die Finanzsituation durchaus verbessert, es gibt kaufwillige Verleiher aus der ganzen Welt. Das Filmangebot lässt aber noch etwas zu wünschen übrig, so dass wir in diesem Jahr keine Titel für unseren Vertrieb eingekauft haben. Wir konnten allerdings sehr gut verkaufen, vor allem unsere deutschen Produktionen. Besonders erfreulich ist, dass wir den 3D-Film „Konferenz der Tiere“ fast in die ganze Welt verkaufen konnten, obwohl der Film noch nicht fertig ist und wir auf der Berlinale nur zwölf Minuten zeigen konnten. Bei unseren Verkäufen handelt es sich um Beträge in einem hohen Millionenbereich.

promedia: 2009 waren einige Ihrer Filme erfolgreich im Kino. Wie sind die international gelaufen?
Martin Moszkowicz: Der Verkauf ist sehr genreabhängig. Animationsfilme sind im Ausland sehr gut zu verkaufen, gut laufen auch Genrefilme wie der Vampir/Action-Film „Wir sind die Nacht“ von Dennis Gansel. Schwer verkaufen lassen sich hingegen deutsche Komödien. Lokale Komödien haben es aber weltweit generell schwer. Continue reading “3D ist der Beginn einer technischen Revolution”, Martin Moszkowicz, Vorstand Film und Fernsehen Constantin

ZDF-Intendant: Wir sind jetzt endlich da angekommen, wo ich schon lange hin will

Interview mit Markus Schächter, ZDF-Intendant, promedia 01/2010

In einem promedia –Interview betonte ZDF-Intendant Markus Schächte, dass er als Intendant wisse, dass das ZDF seine Unabhängigkeit immer wieder neu erkämpfen und dem Publikum seine Glaubwürdigkeit durch journalistische Leistung und Qualität unter Beweis stellen muss. „Die Chefredakteure des ZDF haben stets für beides gestanden. Das gilt für Reinhard Appel ebenso wie für Klaus Bresser und Nikolaus Brender. Peter Frey steht genau in dieser Tradition.“ Peter Frey erklärte nach seiner Berufung: “Es ist jetzt die Hauptaufgabe des neuen Chefredakteurs, die Glaubwürdigkeit des Senders, die in der öffentlichen Wahrnehmung gelitten hat, wiederherzustellen. Dafür arbeite ich gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen, den Redaktionen, der Geschäftsführung und auch den Gremien.”

Markus Schächter machte in dem Interview deutlich, dass trotz der Kritik des privaten Rundfunks an ZDFneo an seinem Weg der Schaffung einer Senderfamilie konsequent festhalten werde.  Mit dem neu formierten Digitalkanal, der seit 1. November 2009 auf Sendung ist, gehe das ZDF den ersten großen Schritt zur Bildung einer starken Senderfamilie, die unterschiedliche Zielgruppen unter dem Dach des ZDF vereinen will. Mit einer anspruchsvollen Kombination aus den Programmgenres Dokumentation/Reportage, Fiktion (Fernsehfilm, Spielfilm, Serie) sowie Comedy und Musik spreche ZDFneo besonders die Zielgruppe der 25- bis 50-Jährigen an. „Das ZDF entwickelt sich zu einer Programmfamilie mit unterschiedlichen Ausspielwegen und Plattformen. Das ist die Überlebensvoraussetzung in einer digitalen Welt, in der sich die Medienangebote immer weiter fragmentarisieren“, so Schächter im promedia-Gespräch.

Prof. Markus Schächter, Intendant ZDF

promedia: Herr Schächter, wie sehr gefährdet die Entscheidung des Verwaltungsrates, den Vertrag mit Herrn Brender nicht zu verlängern, die politische Unabhängigkeit des ZDF?
Markus Schächter: Als Intendant weiß ich, dass das ZDF seine Unabhängigkeit immer wieder neu erkämpfen und dem Publikum seine Glaubwürdigkeit durch journalistische Leistung und Qualität unter Beweis stellen muss. Die Chefredakteure des ZDF haben stets für beides gestanden. Das gilt für Reinhard Appel ebenso wie für Klaus Bresser und Nikolaus Brender. Peter Frey steht genau in dieser Tradition.

promedia: Sie haben in einem Statement erklärt, dass die Länder jetzt die Pflicht hätten, im Rahmen der anstehenden Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags für belastbare Rechtsgrundlagen des ZDF Sorge zu tragen. Was für eine Regelung stellen Sie sich vor?
Markus Schächter: Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck hat dazu Vorschläge in die Diskussion eingebracht. Es ist aber nicht meine Sache, diese inhaltlich zu bewerten. Entscheidend ist, dass sich die Länder im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Gestaltung der Rahmenbedingungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gemeinsam dafür einsetzen, dass der Schaden, der nicht zuletzt durch die öffentlich gemachte Debatte entstanden ist, schnellstmöglich behoben wird. Continue reading ZDF-Intendant: Wir sind jetzt endlich da angekommen, wo ich schon lange hin will

Produzentenallianz: Wir haben nicht den Big Bang, aber eine Systemveränderung erreicht

Interview  mit Dr. Christoph E. Palmer, Vorsitzender der Geschäftsführung Allianz Deutscher Produzenten, promedia 01/2010

Die Produzenten fordern seit längerem von den TV-Sendern eine Beteiligung an er Verwertung ihrer Formate auf digitalen Plattformen. Nun hat die Produzentenallianz deinen Durchbruch erzielt und mit der ARD eine Vereinbarung über seit langem strittigen Punkten erzielt. So sollen die Produzenten künftig bis zu 50 Prozent an allen Netto-Erlösen beteiligt werden, wenn die ARD einen Film ins Ausland verkauft, ins Kino bringt oder eine DVD veröffentlicht. Bisher gingen ausnahmslos alle Rechte auf die Sender über. Wiederholt ein ARD-Sender einen Film binnen fünf Jahren nicht oder verkauft ihn weiter, darf das der Produzent selbst tun und wiederum die Hälfte der Einnahmen behalten. Mögliche Streitfälle soll eine gemeinsame Clearing-Stelle schlichten. Geprüft wird auch die Gründung einer gemeinsamen Vertriebsgesellschaft für vollfinanzierte Auftragsproduktionen.  Die TV-Produzenten rechnen bei Produktionen, die im Frühjahr 2010 starten bereits mit einem Erlösplus von 5 bis 10 Prozent.

Die Verhandlungen der Produzentenallianz mit dem ZDF gestalten sich dagegen anscheinend schwieriger, da das ZDF bereits die Produzenten an verschiedenen Verwertungen beteiligt. Und die privaten Sender, so heißt es in Verhandlungskreisen, sperren sich derzeit unter Verweis auf die schwierige wirtschaftliche Lage gänzlich gegen eine Lösung.

Dr. Christoph E. Palmer, Vorsitzender Allianz Deutscher Produzenten

promedia: Herr Palmer, seit Jahren fordern die Produzenten von den TV-Sendern eine Veränderung der Terms of Trade. Warum waren jetzt die Gespräche mit der ARD überraschenderweise so erfolgreich?
Christoph E. Palmer: Es gibt nicht nur eine, sondern mehrere Ursachen. Wichtig war die Erklärung der Länder bei der Unterzeichnung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, dass man angemessene und faire Produktionsbedingungen vereinbaren soll. Die Protokollerklärung hat für Aufsehen gesorgt und die Atmosphäre positiv begleitet. Zweitens bündelt die Allianz als neue, schlagkräftige Interessenvertretung der Produzenten eine andere Verhandlungsmacht als einzelne Verbände in der Vergangenheit. Drittens ist die Einsicht bei der ARD, zumindest bei vielen Verantwortlichen in den Intendanzen, auf der Programmseite und auch in den juristischen Direktionen gewachsen, dass man von einer verlässlichen und tragfähigen Partnerschaft mit den Produzenten profitiert, selbst wenn man an verschiedenen Stellen den Produzenten entgegenkommen muss. Es ist niemandem damit gedient, wenn die wirtschaftliche Existenzbasis der Produktionsbetriebe immer schmaler und schwieriger wird.

promedia: Welche Bedeutung hat diese Vereinbarung für die Zukunft für den Produktionsstandort Deutschland und für die Produzentenlandschaft?
Christoph E. Palmer: Es gibt bislang keine so weit reichende Vereinbarung, die unterschiedliche Aspekte des Zusammenwirkens bei der Produktion von Auftraggebern und -nehmern so umfassend beleuchtet wie diese Vereinbarung mit der ARD. Sie verbessert zum einen die Konditionen für realistische Kalkulationen, sie schafft zum anderen die Möglichkeit, dass Produktionen mitfinanziert werden. Und sie beinhaltet zum Dritten den von uns erhofften und lange geforderten Einstieg in den Rechterückfall. Damit kommen wir insgesamt zu einer anderen Situation im vollfinanzierten TV-Auftragsproduktionsbereich: Es kommt zu Verbesserungen im System, zur Flexibilisierung des Systems und mit dem Einstieg in den Rechterückfall auch zu Systemveränderungen, allerdings nicht in dem Umfang, wie es sich die Produzenten gewünscht haben. Alle drei Komponenten sind nicht nur ein symbolischer, sondern auch ein  wirtschaftlich spürbarer Fortschritt. Continue reading Produzentenallianz: Wir haben nicht den Big Bang, aber eine Systemveränderung erreicht

Die Verteilungskämpfe werden naturgemäß härter, wenn das Geld knapper wird

Interview mit Volker Herres, Programmdirektor des Ersten, promedia 01/2010

Der Programmdirektor des Ersten, Volker Herres, geht davon aus, dass sich die fehlenden 200 Millionen Euro, die der ARD bis 2012 an Gebühreneinnahmen fehlen sollen, nicht spürbar im Ersten Programm niederschlagen werden. „Die Verteilungskämpfe werden naturgemäß härter, wenn das Geld knapper wird. Ich weiß aber, dass in den Landesrundfunkanstalten ein Bewusstsein dafür vorhanden ist, wie wichtig Das Erste als gemeinsame Klammer der ARD, als das nationale Vollprogramm, ist. Das wird nicht jeden Verteilungskampf lösen, aber zumindest Prioritäten bestimmen“, so Herres in einem promedia-Gespräch. Er sei auch ständig mit Produzenten über neue und preiswertere Produktionen im Gespräch und man werde in bestimmten Herstellungsprozessen – und hier spielen auch technische Entwicklungen eine Rolle – Kosten reduzieren können, aber er halte nichts davon, „dass wir bei den fiktionalen High-End-Produkten die Standards senken und dem Zuschauer nicht mehr die gewohnte Qualität zu bieten. Großes Fernsehen muss auch so aussehen – und nicht, als wäre es an drei Tagen in einer Lagerhalle bei Kerzenlicht abgedreht worden.“

Volker Herres, Programmdirektor Das Erste
Volker Herres, Programmdirektor Das Erste

promedia: Herr Herres,  Ihre Zuschaueranteile waren 2009 rückläufig. Wird 2009 zum Schwächeanfall der Kreativität der ARD?
Volker Herres: Davon kann überhaupt keine Rede sein. Richtig ist, dass wir gegenüber dem Vorjahr an Marktanteilen eingebüßt haben und 2009 ein schwieriges Jahr war. 2008 fanden mehrere Sportgroßereignisse statt, die immer eine Lokomotivfunktion ausüben. Mit den Olympischen Spielen in Vancouver und der Fußball-WM in Südafrika werden wir solche Ereignisse aber 2010 wieder erleben. Einbrüche hatten 2009 auch die anderen nationalen Vollprogramme, so dass wir immer noch auf Platz eins liegen. Der Wettbewerb wird aber härter, weil immer mehr neue Programme am Kuchen nagen und sich Sehgewohnheiten fragmentieren. Es ist nicht mehr so leicht, im nationalen Fernsehwettbewerb auf die ganz hohen Ratings zu kommen.

promedia: Können Sie nur mit Sport Bester sein?

Volker Herres: Nein. Wir sind als nationales Vollprogramm auf Platz 1. Zu dieser Position gehört nicht nur Sport, sondern vor allem Information, das Fiktionale und auch Unterhaltung.

promedia: RTL muss sparen und hat trotzdem zugelegt. Was können Sie diesem massenattraktiven Programm entgegensetzen? Oder wollen Sie das vielleicht gar nicht? Continue reading Die Verteilungskämpfe werden naturgemäß härter, wenn das Geld knapper wird

Nutzung der digitalen Dividende. Das Ergebnis ist nicht vorhersehbar

Interview mit Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur, promedia 12/2009

Die für Telekommunikation zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding hatte ihre Bedenkenhoinsichtlich der Vergaberichtlinien für die Versteigerung der Digitalen Dividende jetzt in einem Schreiben an die Bundesnetzagentur bekräftigt. In diesem Schreiben schreibt Reding, dass die Behörde die Chance nutzen möge, um den Wettbewerbsnachteil der kleineren Netzbetreiber auszugleichen. Die EU-Kommission hege erhebliche Zweifel an der Ausgewogenheit der Auktion und bereite ein Vertragsverletzungsverfahren vor, berichtet das Nachrichtenmagazin in seiner neuen Ausgabe. Ein entsprechendes Verwaltungsschreiben solle noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden. Dass ein entsprechendes Verfahren in Erwägung gezogen wird, war bereits vor einigen Wochen bekannt geworden.

Matthias Kurth
Matthias Kurth

In einem promedia-Gespräch verteidigte Matthias Kurt, Präsident der Bundesnetzagentur, das Vergabeverfahren als „im Einklang mit den Zielen der Europäischen Kommission, dem Konjunkturpaket II und der Breitbandstrategie der Bundesregierung.“ Bei der für Frühjahr geplanten Auktion sollen Funkfrequenzen versteigert werden, die Rundfunk- und TV-Anstalten nicht mehr benötigen. Auf ihnen soll ein schneller Internetzugang auf Funkbasis realisiert werden, der auch dem chronisch schlecht versorgten ländlichen Raum zu Gute kommt. Die entsprechenden Nutzungsrechte sollten nach dem Willen der EU wettbewerbsneutral in jedem Mitgliedsstaat an neue Anbieter und bestehende Mobilfunkfirmen vergeben werden.

promedia: Herr Kurth, verschiedene Marktteilnehmer haben gefordert, die Versteigerung der Digitalen Dividende zu verschieben, bis alle offenen Fragen geklärt sind. Nun soll die Versteigerung im Frühjahr 2010 stattfinden. Warum dieses Tempo?
Matthias Kurth: Im Rahmen des Konjunkturpakets II und in der am 18. Februar 2009 vom Bundeskabinett beschlossenen Breitbandstrategie der Bundesregierung wurde festgelegt, dass der Frequenzbereich 790 – 862 MHz schnellstmöglich genutzt werden soll, um die Versorgung dünn besiedelter Gebiete mit innovativen Mobilfunkanwendungen und die Bereitstellung von breitbandigen Internetanschlüssen voranzutreiben. Die Breitband- strategie sieht vor, dass die sog. Digitale Dividende zumindest in einzelnen Regionen bereits beginnend im Jahr 2010 für die Sicherstellung einer leistungsfähigen breitbandigen Versorgung genutzt wird. Eine Verschiebung würde daher diese Ziele gefährden. Continue reading Nutzung der digitalen Dividende. Das Ergebnis ist nicht vorhersehbar

„Frankfurter Rundschau“ startet Pilotprojekt mit Sony und libri für eReader

Interview mit Konstantin Neven DuMont, Vorstand der Mediengruppe M. DuMont Schauberg, promedia 12/2009

Ende März dieses Jahres hat die Mediengruppe DuMont Schauberg die Berliner Zeitungsgruppe übernommen. Damit verfügt das Kölner Medienhaus über acht Tageszeitungen an fünf Standorten und gehört damit zu den größten regionalen Medienunternehmen Deutschlands. Inzwischen bemüht sich die Kölner Verlagsleitung sinnvolle Kooperationen zwischen den Titeln zu knüpfen, um zum einen Kosten zu sparen und zum anderen, um die Qualität der einzelnen Zeitungen zu erhöhen. Wie Konstantin Neven DuMont, Vorstand der Mediengruppe M. DuMont Schauberg in einem promedia-Gespräch betonte, gibt es 2009 im Anzeigengeschäft ein Minus von 20 Prozent. Dessen ungeachtet werde das Verlagshaus beim Berliner Verlag in neue Print – und Online-Redaktionssysteme investieren und das Engagement in neue Inhalte und Geschäftsmodelle für die mobile Nutzung verstärken. Dennoch muss sich auch DuMont Schauberg von unwirtschaftlichen Projekten wie der Netzeitung trennen, die künftig zu einem automatisierten Nachrichtenportal entwickelt werden soll.

Konstantin Neven DuMont
Konstantin Neven DuMont

promedia: Herr Neven DuMont, der neue Koalitionsvertrag sieht die Schaffung eines Leistungsschutzrechtes für Presseverlage vor. Ist damit eines Ihrer wichtigsten Probleme für Ihre Inhalte im Internet gelöst?
Neven DuMont: Mit der Schaffung des Leistungsschutzrechts für Verlage ist nicht das Problem selbst gelöst, sondern es gibt den Verlagen das Mittel an die Hand, das sie brauchen, um ihre Rechte durchzusetzen. Es bietet einen besseren Rechtsschutz für die ungenehmigte Nutzung von Inhalten, die originär den Verlagen gehören. Im Internet gibt es unzählige Beispiele, wie Zeitungsartikel genutzt werden, um die eigene Webseite attraktiver zu machen, Reichweite zu gewinnen oder den Abverkauf von Produkten zu verbessern. Die Nutzung von Zeitungsinhalten erfolgt aber sehr häufig, ohne dass Verlage dazu das Recht erteilt haben und ohne, dass Verlage an den Gewinnen beteiligt werden. Die redaktionellen Leistungen der Verlage erfordern einen hohen finanziellen Aufwand, den sich andere sparen wollen. Aber für die Nutzung der Verlagsleistungen muss es einen sachgerechten Ausgleich geben. Und um diesen durchzusetzen, bedarf es des Leistungsschutzrechts. Andere Branchen, wie die Musikindustrie, haben dieses Recht längst. Wenn in einer Gaststätte eine Karnevalsfeier stattfindet, die besonders aufgrund von guter Musik zu einem Erfolg wird, dann ist es nur gerecht, wenn die Musikindustrie einen Anteil an diesem Erfolg erhält. Dieses Recht muss man auch Verlagen zusprechen für ihre Inhalte. Das Recht zu erhalten allein, löst aber nicht das Problem. Continue reading „Frankfurter Rundschau“ startet Pilotprojekt mit Sony und libri für eReader